Frage: Wie viele Integrierte Leitstellen wird es in Bayern künftig geben und wie wird ihr Zuständigkeitsbereich aussehen?
Antwort: Bayern ist bisher in insgesamt 26 Rettungsdienstbereiche untergliedert. Der Rettungsdienstbereich ist als räumlicher Wirkungskreis einer Integrierten Leitstelle gut geeignet. Zuständigkeitsbereich einer Integrierten Leitstelle (Leitstellenbereich) ist daher der nach der 1. Ausführungsverordnung zum Bayerischen Rettungsdienstgesetz festgelegte Rettungsdienstbereich. Nach dem Gesetz (Art. 1 ILSG) ist für jeden Leitstellenbereich nur eine Integrierte Leitstelle zulässig. Somit wird es in Bayern künftig 26 Integrierte Leitstellen geben, die das gesamte Staatsgebiet versorgen. Auch in den übrigen Bundesländern, in denen es bereits heute Integrierte Leitstellen gibt, ist eine Tendenz weg von der Landkreisleitstelle hin zu größeren Einheiten (Regionalleitstellen) klar erkennbar.
Frage: Wer kann Betreiber einer Integrierten Leitstelle werden?
Antwort: Der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung kann die Integrierte Leitstelle in seinem Bereich selbst errichten und betreiben.
Er kann aber auch eines seiner Mitglieder - als einen Landkreis oder eine kreisfreie Gemeinde - oder einen zuverlässigen Dritten mit der Durchführung dieser Aufgaben beauftragen. Dritte, die für eine Betreiberschaft in Betracht kommen, sind in erster Linie Hilfsorganisationen wie beispielsweise das Bayerische Rote Kreuz oder kreis-angehörige Gemeinden mit leistungsfähigen Feuerwehren. Die Beauftragung erfolgt durch öffentlich-rechtlichen Vertrag, in dem auch die Einzelheiten der Durchführung zu regeln sind.
Frage: Läuft in Bayern nach Inbetriebnahme der Integrierten Leitstellen die 112 aus den Handynetzen weiterhin bei der Polizei auf oder werden alle Anrufe mit der 112 auf die Integrierten Leitstellen geschaltet?
Antwort: Alle über 112 eingehenden Notrufe werden künftig auf Integrierte Leitstellen aufgeschaltet - auch die aus Mobilfunknetzen. Die Routinglisten werden geändert, wenn die Integrierte Leitstelle im jeweiligen Bereich ihren Betrieb aufgenommen hat.
Frage: Wird für die Abwicklung von Feuerwehreinsätzen die Einführung eines Funkmeldesystems (FMS) verbindlich vorgeschrieben, wenn die neuen Integrierten Leitstellen eingerichtet sind?
Antwort: Der Einsatz eines Funkmeldesystems ist – sofern nicht der Digitalfunk in absehbarer Zeit eingeführt wird – zur Optimierung des Leitstellenbetriebs, zur Entlastung des Sprechfunkverkehrs und der Disponenten aus fachlicher Sicht wünschenswert. Er steht jedoch in keinem kausalen Zusammenhang mit der Einführung Integrierter Leitstellen.
Frage: Ist es sinnvoll, die Einführung Integrierter Leitstellen aufzuschieben, bis der digitale BOS-Funk eingeführt worden ist, um so Kosten zu sparen?
Antwort: Nein, die zu erwartende Einführung des digitalen BOS-Funks gibt keinen Anlass, den Ausbau der Integrierten Leitstellen aufzuschieben. Es ist vorgesehen, das Einsatzleitsystem der künftigen Integrierten Leitstellen so auszulegen, dass nach der bundesweiten Systementscheidung für den digitalen BOS-Funks die erforderliche Schnittstelle am Kommunikationsserver für die Anschaltung nachgerüstet werden kann. Bei Einführung des Digitalfunks wird das Einsatzleitsystem nicht verändert. Die Integrierte Leitstelle wird mittels Funkanlagen und Verbindungsleitungen an das digitale Funksystem angeschlossen. Diese vergleichsweise kostengünstige Nachrüstung weniger Integrierter Leitstellen statt einer Vielzahl sonstiger Stellen, deren Alarmierungsaufgaben die Integrierten Leitstellen künftig übernehmen werden, ist die wirtschaftlichste Lösung.
Es ist weiter zu beachten, dass beim Übergang vom analogen zum digitalen Funknetz beide Netze während eines noch nicht näher bestimmten Zeitraums parallel betrieben werden müssen (Migrationsphase). Die Annahme, bei den Integrierten Leitstellen werde jetzt in technische Anlagen investiert, die aufgrund der Entwicklung alsbald funktionslos werden, ist daher unzutreffend.
Frage: Führt die Erhaltung einer Feuerwehreinsatzzentrale (FEZ) mit Alarmierungsfunktion nach Art. 10 Abs. 1 Nr. 10 ILSG dazu, dass an die Qualifikation des Personals der Integrierten Leitstelle geringere Anforderungen zu stellen sind?
Antwort: Der ausnahmsweise Fortbestand einer Feuerwehreinsatzzentrale hat keine Auswirkungen auf das von den Mitarbeitern einer Integrierten Leitstelle zu fordernde Qualifikationsniveau, das durch Rechtsverordnung des Staatsministerium des Innern noch rechtsverbindlich festzulegen ist. Bestimmend für das in einer Integrierten Leitstelle einzuhaltende Qualifikationsniveau sind nicht nur die Alarmierungsvorgänge, sondern die Gesamtheit der dort zu erledigenden Aufgaben. Dazu gehören - neben weiteren Aufgaben - in jedem Fall die qualifizierte Notrufabfrage und die Erteilung erster telefonischer Verhaltenshinweise an den Hilfe Suchenden.
Im Übrigen wird sich der Tätigkeitsbereich einer nach Art. 10 Abs. 1 Nr. 10 ILSG erhaltenden Feuerwehreinsatzzentrale nicht auf das gesamte Verbandsgebiet erstrecken. In diesen Teilen des Verbandsgebiets alarmiert die Integrierte Leitstelle auch die Feuerwehr.
Frage: Welche Ausbildung oder weitere Qualifikation wird für eine Tätigkeit als Disponent in einer Integrierten Leitstelle erwartet?
Antwort: Grundsätzlich muss jeder Disponent einer Integrierten Leitstelle für die Erledigung aller dort anfallenden Aufgaben gerüstet sein. Erforderlich ist eine rettungsdienstliche und feuerwehrfachliche Ausbildung, da einem eingehenden Notruf nicht von vornherein anzusehen ist, ob medizinische oder technische Hilfe zu leisten oder ein Brand zu bekämpfen ist und im Übrigen gemischte Einsätze häufig vorkommen. Um die Disponenten speziell auf die Arbeit in den Integrierten Leitstellen in Bayern vorzubereiten, bietet die Staatliche Feuerwehrschule Geretsried einen siebenwöchigen Disponentenlehrgang an. Der erfolgreiche Abschluss dieses Lehrgangs ist Voraussetzung für die Tätigkeit in der Integrierten Leitstelle.
Unter fachlichen Gesichtspunkten wäre für die Teilnahme am Disponentenlehrgang eine (doppelte) Qualifikation als Hauptbrandmeister und Rettungsassistent optimal. Auf absehbare Zeit wird es jedoch nicht genügend Mitarbeiter dieses Qualifikationsniveaus geben, um den Personalbedarf der Integrierten Leitstellen zu decken. Daher sollen auch Disponenten zu einer Tätigkeit in einer Integrierten Leitstelle zugelassen werden, die als Hauptbrandmeister oder Rettungsassistent ausgebildet sind und sich in dem für sie jeweils fachfremden Gebiet fortgebildet haben. Das Staatsministerium des Innern hat dazu - zusammen mit Fachleuten der Hilfsorganisationen und Feuerwehren - modular aufgebaute Fortbildungsmöglichkeiten geschaffen.
Den Mitarbeitern der derzeit bestehenden Rettungsleitstellen und Feuerwehreinsatzzentralen soll die Möglichkeit einer Beschäftigung in einer Integrierten Leitstelle regelmäßig auch dann eröffnet werden, wenn sie nicht Rettungsassistent und/oder Hauptbrandmeister sind. Auch hier hat das Staatsministerium des Innern auf die jeweilige Vorbildung aufbauende Übergangskonzepte erstellt.
Das Staatsministerium des Innern kann durch Rechtsverordnung das Nähere über die Qualifikation, die Aus- und Fortbildung des Personals Integrierter Leitstellen regeln.
Frage: Ist zur Teilnahme an den feuerwehrfachlichen Fortbildungsmaßnahmen nur berechtigt, wer Beamter des feuerwehrtechnischen Dienstes wird?
Antwort: Nein. Rettungsassistenten und Mitarbeitern der derzeitigen Rettungsleitstellen und Feuerwehreinsatzzentralen, die künftig in einer Integrierten Leitstelle beschäftigt werden sollen, steht der Zugang zu den nötigen feuerwehrfachlichen Fortbildungsmodulen auch dann offen, wenn sie die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen des feuerwehrtechnischen Dienstes nicht erfüllen.
Frage: Ist die vorgesehene Ausbildung der Disponenten nicht überzogen und zu langwierig?
Antwort: Nein. Ziel der Ausbildung muss es sein, dass der Disponent einer Integrierten Leitstelle den hohen Anforderungen und der Verantwortung, die sich aus der Aufgabenstellung an seinem Arbeitsplatz ergeben, gewachsen ist.
Das heißt:
- Der Disponent muss auf Grund seiner Ausbildung und (Einsatz)Erfahrung in der Lage sein, einen Notruf kompetent abzufragen. Dazu gehört, dass er nötigenfalls durch gezielte Nachfragen beim Anrufer die für den Einsatz relevanten Umstände ermittelt.
- Der Disponent muss die ihm mitgeteilten Tatsachen in ein Meldebild umsetzen, sich also ein Bild von der Lage am Schadensort einschließlich einer Einschätzung der dort bestehenden Gefahren machen können.
- Der Disponent muss in der Lage sein, auf Grund des Meldebilds die zur Bewältigung der Gefahr bzw. des Schadens richtige Einsatzdisposition zu treffen. Die ihm vom Einsatzleitrechnersystem vorgeschlagene Einsatzmittelkette muss er nötigenfalls ergänzen oder abändern.
- Der Disponent muss so gut ausgebildet sein, dass er dem Anrufer Verhaltenshinweise bis zum Eintreffen der Hilfskräfte geben kann.
- Der Disponent ist Ansprechpartner für die Einsatzleitung am Schadensort. Um den Einsatz kompetent unterstützen zu können, muss der Disponent daher Kenntnisse über die Einsatzstrukturen bei Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz haben und mit den Einsatztaktiken vertraut sein.
- Der Disponent muss auf Grund seiner Ausbildung in der Lage sein, der hohen Stressbelastung an seinem Arbeitsplatz Stand zu halten und die nötige Ruhe und Übersicht zu bewahren; dies gilt insbesondere in kritischen, außergewöhnlichen Lagen.
Frage: Sind an die Qualifikation der Leitstellenmitarbeiter, die im Rahmen eines Personalverstärkungskonzepts eingesetzt werden, geringere Anforderungen zu stellen oder gilt auch insoweit die Forderung einer Doppelqualifikation in den Bereichen Rettungsdienst und Feuerwehr?
Antwort: Grundsätzlich widerspricht die Vorstellung, im Rahmen der geforderten Personalverstärkungskonzepte Mitarbeiter einzusetzen, die nicht über eine doppelte Qualifikation in den Bereichen Rettungsdienst und Feuerwehr verfügen, bereits dem Begriff der Integrierten Leitstelle, wie er im Ergebnisbericht vom 02.08.2003 formuliert wird (vgl. dort Teil I Ziffer 1). Danach ist wesentlich, „dass in einer Integrierten Leitstelle jeder Leitstellenmitarbeiter alle anfallenden Aufgaben unter Nutzung der gleichen Technik nach gleichen Organisationsregeln und Handhabungen bearbeitet, d. h. dass er für die Wahrnehmung aller Leitstellenaufgaben auch entsprechend qualifiziert und ausgebildet sein muss.“
Zum Einsatz von Personal im Rahmen der geforderten Verstärkungskonzepte im Besonderen ist Folgendes zu bemerken:
- Die Möglichkeit der raschen Personalverstärkung dient der Bewältigung besonderer Lagen, beispielsweise eines plötzlich auftretenden hohen Anrufaufkommens oder einer Großschadenslage. In diesen Situationen wird das in der Integrierten Leitstelle eingesetzte Personal auch in besonderem Maße beansprucht. Es wäre deshalb verfehlt, gerade bei dieser Gelegenheit Personal zum Einsatz zu bringen, das nicht über eine feuerwehrfachliche und rettungsdienstliche Doppelqualifikation verfügt.
- Die Personalverstärkungskonzepte sollen nicht nur die Besetzung der Ausnahmeabfrageplätze sicherstellen. In die genannte besondere Situation wird es primär darum gehen, die situationsbedingt nötige erhöhte Leistungskapazität der Integrierten Leitstelle durch die Besetzung zusätzlicher Einsatzleitplätze herzustellen. Im praktischen Dienstbetrieb wird im Übrigen ein Rotieren des Personals sinnvoll sein, um die Belastungen auszugleichen.
- Selbst wenn man annehmen wollte, dass im Rahmen der Personalverstärkungskonzepte nur Ausnahmeabfrageplätze besetzt werden, könnte auf eine Doppelqualifikation in den Bereichen Feuerwehr und Rettungsdienst nicht verzichtet werden. Der Mitarbeiter in der Integrierten Leitstelle, der einen Ausnahmeabfrageplatz besetzt, muss einen eingehenden Notruf (von dem er nicht weiß, ob er eine Angelegenheit des Rettungsdiensts oder der Feuerwehr betrifft) qualifiziert abfragen, die Dringlichkeit der geforderten Hilfeleistung kompetent einordnen und dem Anrufer nötigenfalls Verhaltenshinweise geben. Diesen Anforderungen wird er nur gerecht werden können, wenn er über eine umfassende Ausbildung verfügt.